Goethe, Schiller, Lessing, Kafka und der Rest der Rasselbande gehört in die Schule.
Deutsche Literatur ist lediglich Bestandteil des
Deutschunterrichts.
Was für ein Humbug.
Aber genau so habe ich noch vor ein, zwei Jahren über
germanistische Lektüre gedacht. Erst vor wenigen Monaten habe ich mich neuen
Genres und neuen Autoren öffnen, beziehungsweise
zuwenden, können, welche über andere Dinge schreiben und schrieben, als sonderbare
Wesen, mystische Kräfte und verborgene Welten. Ich liebe diese Bücher noch
immer von vollem Herzen, versteht das nicht falsch, nur fehlt mir leider
aktuell die Zeit mich mit diesen komplexen Werken zu beschäftigen. Da ist es
leichter sich ein kleines, dünnes Diogenes Büchlein oder Reclam Heftchen zu
schnappen und in der U-Bahn zu lesen – und vor allem günstiger!
Inspiriert und angestoßen von zwei Freundinnen besorgte
ich mir vor drei Tagen Friedrich Dürrenmatts „Der Besuch der alten Dame“ –
momentan auch in jedem Buchladen zu finden – und begann zu lesen.
Zu Beginn war ich ein wenig skeptisch, wie lang ich es
wohl durchhalten würde, wollte es aber dennoch versuchen – ich hatte Gutes aus
verlässlichen Quellen gehört! ;) Jedoch legte sich meine anfängliche Skepsis
schnell von selbst und machte überraschendem Interesse Platz.
Als Claire Zachanassian nach vielen Jahrzehnten wieder in
ihr Heimatdorf Güllen zurückkehrt und den Bewohnern der einst so lebhaften,
inzwischen aber eher heruntergekommenen Stadt das Angebot unterbreitet eine
Millarden zu spenden, verfallen die Bürger in eine moralische Zwickmühle. Denn
das Geld ist an eine Forderung gebunden; eine einzige Forderung, welche Allerdings
die Prinzipen der verarmten und hochverschuldeten Güllener auf eine harte Probe
stellt:
Eine Milliarde, im Tausch gegen das Leben eines Mannes…
Das Buch hat es weder in meine Top-Ten des Jahres 2017,
noch in meine All-Time-Favorites geschafft, aber es hat es geschafft mich
einige Tage lang gut zu unterhalten, und das war mehr, als ich gedacht hätte.
Dürrenmatt schafft es ungewöhnlichen bis unangenehmen Szenen noch immer Witz
und Würze zu verleihen. Zudem gefiel mir der bereits genannte moralische
Ansatz, welcher zwischen den Zeilen nur so lauert.
Das Ende hatte ich mir leider etwas spektakulärer
vorgestellt; es war unerwartet erwartet. Ich hatte noch auf einen kleinen Plot
Twist oder Klimax gewartet, welcher sich allerdings nicht einstellte.
Wenn man aber das Buch durchgelesen hat, kann man gut und
gerne eine Diskussion vom Zaun brechen, inwiefern die Bewohner nun wirklich die
von Frau Zachanassian geforderte Gerechtigkeit, welche sie in dem Tod eines bestimmten
Mannes sieht, verübt haben. Und um noch einmal auf die Moral zurückzukommen, so
hat mich dieses Buch doch sehr an die aktuell sehr bekannte Netflix-Serie „Black
Mirrors“ erinnert. Wem diese Art von Gesellschaft und Wertvorstellungen also
gefällt, ist mit diesem Buch gut bedient!
Und an diejenigen, welche noch immer mit meinen anfänglichen
Gedanken zu kämpfen haben:
Kommt schon, das Buch hat 152 Seiten – was kann man da
schon falsch machen? ;)
Seiten: 152
Preis: 10,00 € (TB)
Veröffentlichung: 1956
Verlag: Diogenes Verlag
Genres: Roman, tragische Komödie
★★★☆☆☆
-Nina-
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